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12. Tag


Heute hatten wir mehr Zeit für einen Austausch mit der Koordination der Guardia Indígena. Die Guardia Indígena ist ein unbewaffnetes kollektives Schutzsystem, in dem tausende Frauen und Männer ehrenamtlich ihre Gemeinde und ihre Rechte schützen. Ausgerüstet sind sie dabei nur mit einer Weste und dem bastón, einem symbolischen Holzstock. Basierend auf der indigenen Gesellschaftsweise, aus der sie ihre Stärke zieht, ist die Guardia Indígena ein vielfältiger und umfassender Gemeinschaftsprozess: Neben dem Schutz vor Bedrohungen von Außen, stärken sie auch den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinden. Sie kümmern sich um die Bearbeitung interner Konflikte, unterstützen die Selbstverwaltung, machen politische Bildung, stärken die indigene Kultur und sind auch für den Schutz der Natur zuständig. Unser Treffen fand in der großen Halle der Medizinabteilung der CENCOIC in Popayán statt, die aktuell fast leer steht.

Da wir von heute keine Fotos zum Treffen mit der Guardia haben, noch ein paar Fotos vom guardia-Treffen gestern – hier: Fabian und José Oveimar blicken auf die Aufstellung nehmenden Guardias

José Oveimar Tenorio, der politische Koordinator der Guardia, teilte mit uns ihre Analyse des politischen, ökonomischen, militärischen und medialen Kontexts der indigenen Gemeinden des Cauca, die für sie eine wichtige Basis ihres Handelns ist. „Ökonomisch sind wir den verschiedenen Formen des Extraktivismus verbunden mit neoliberalen Politiken ausgesetzt: Monokulturen von Zuckerrohr, Ölpalmen und Holz in den Händen von Monopolen, Bergbau, der Anbau von Pflanzen, aus denen illegale Drogen hergestellt werden können, die Rekrutierung junger Menschen für die bewaffneten Gruppen. Die Folge von all dem ist, dass wir erneut eine Invasion unserer Gebiete erleben – und wir als Guardia Indígena müssen schauen, wie wir dem begegnen. … Der militärische Kontext ist, dass im Cauca verschiedene militärische Strukturen existieren. Es sind bewaffnete Gruppen ohne eine politisch-ideologische Haltung, sie dienen ausschließlich der Drogenwirtschaft und den Gegnern des Friedens und der sozialen Bewegungen. Sie ermorden Dutzende indigene Amtsträger, Dorfälteste, Guardias, sie rauben uns unsere Jugend… Wir sehen, dass es einen Plan zur physischen, politischen und kulturellen Vernichtung der indigenen Bevölkerungsgruppen und der indigenen Bewegung des Cauca sowie der Guardia Indígena gibt.“

Fabian Ulcue, der für die Koordination der Guardia arbeitet, stellt uns anschließend die Grundsätze der Guardia vor: „Die Guardia ist ein kollektiver Prozess, sie ist sehr partizipativ, es nehmen Jungen, Mädchen, Alte, Jugendliche, Frauen, Männer, ob studiert oder nicht, egal welcher Glaubensrichtung teil. Die Guardia bringt die gesamte Gemeinde zusammen. Wir lachen und fühlen gemeinsam, wir nehmen Anteil aneinander, und wir weinen gemeinsam – denn wir haben viele Genossen und Genossinnen von der Guardia verloren, die an unseren Prozessen teilgenommen haben und ermordet wurden. … Unsere Mission ist klar: Unser territorio und das Leben verteidigen, in dem wir den Frieden schützen und aufbauen. Wir sind auch da, wenn es Naturkatastrophen gegeben hat oder wenn es darum geht, ein verletztes Mitglied einer bewaffneten Gruppe oder der Armee zu bergen und vor dem Zugriff einer anderen Gruppe oder der Armee zu schützen – wir Verteidigen das Leben, wir sind ein humanitärer Akteur, keine Konfliktpartei.“

Angesprochen auf unsere Arbeit mit der CENCOIC und der Guardia sagte Fabian: “Dass ihr den Kaffee von den compañeros der Guardias und insbesondere von den Frauen in der Guardia kauft, ist sehr wichtig. Das gibt ihnen wenigstens ein ausreichendes Auskommen und die Motivation weiter zu machen mit der Guardia. Die Drogen- und Kriegswirtschaft will unsere Gemeinden zerreißen und uns unsere Jugendlichen wegnehmen. Es ist wichtig, dass wir als Guardia da etwas entgegen setzen können.” Wir sprachen dann auch noch konkret über die letzten fünf Jahre unserer Zusammenarbeit, die gemeinsamen Prozesse rund um die Gelder für die Bewegung, die die Guardia erhält, und wie es weiter gehen kann.

Auch von der Guardia erhielten wir tolle Geschenke für unsere jeweiligen Kollektivbetriebe: Gewebte Umhängetaschen, eines der zentralen Symbole der Bewegung, und die emblematischen Halstücher der Bewegung.

Im Anschluss ging es mit Hernan und Paola von der CENCOIC um den nächsten Import. Die CENCOIC machte uns den Vorschlag beim vereinbarten Preis aus dem Vorvertrag zu bleiben, obwohl der Rohkaffeepreis gerade extrem hoch ist. Normalerweise ist der Preis beim Vorvertrag nur ein Richtwert und wird beim Abschluss angepasst, damit wir die Risiken eines Einnahmeverlustes der CENCOIC bei steigenden Preisen abfedern können. Sie sagten, dass sie dies tun wollen, um uns in der schwierigen wirtschaftlichen Situation zu unterstützen. Diese Wertschätzung durch die CENCOIC ist nicht hoch genug zu bewerten und wir werden in den nächsten Wochen mit dem Kollektiv schauen, ob wir das Angebot annehmen wollen oder den Preis noch mal erhöhen werden.

In dem Gespräch ging es auch noch mal um andere Preismodelle, die alle Beteiligten noch besser vor den extremen Preisschwankungen an der Börse schützen. Zum Beispiel eine prozentuale Anhebung des Preises für Rohkaffee in jedem Jahr. Daran werden wir in Zukunft weiter arbeiten und schauen, ob wir eine gute gemeinsame Lösung finden.

Danach gingen wir ins Abschlussplenum mit allen anwesenden Mitarbeiter*innen der CENCOIC. Wir berichteten ausführlich, was bei La gota negra und Aroma Zapatista in den letzten Monaten passiert ist, welche Themen uns bewegten und besprachen dies mit der CENCOIC.

In einer feierlichen Abschlussrunde bedankte sich jede*r von uns persönlich für die Besuchsreise und teilten unsere Erfahrungen. Außerdem richteten Hernan, Lucia, Paola, Manuel und Juan Carlos das Wort an uns und wir bekamen noch mehr sehr schöne Geschenke überreicht, um den Cauca mit nach Hause und zu unseren Kollektiven zu nehmen.

Nach diesem sehr emotionalen Abschluss des inhaltlichen Programms gab es ein leckeres Abendessen und der Tanzabend wurde eröffnet…

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Tag 11.

11. Tag

Heute Vormittag waren wir auf einem Treffen der Guardia Indígena in der Nähe von Popayán. Die Guardia Indígena sind die die unbewaffneten Selbstschutz-Einheiten der indigenen Gemeinden im Cauca. Wir hatten eine sehr kurze Anreise und kamen daher sehr früh an. Nach und nach kamen immer mehr Delegationen von Guardias an. Sie waren am frühen Morgen aus allen Teilen des Cauca aufgebrochen – einige kamen sogar den weiten Weg aus den territorios an der Pazifikküste. Gut, dass das Frühstück bereits fertig war als sie ankamen. So bildete sich an der Essensausgabe bald eine lange Schlange, ebenso wie am Obststand, den wir geholfen hatten aufzubauen.

In der Zeit bis zum Beginn des Treffens konnten wir uns kurz mit den Regional-Koordinatoren der Guardia Indígena treffen. Sie sagten uns, wie wichtig die von uns mit dem Kaffeeverkauf generierten Gelder für die den Prozess der Guardia ist. Viel Zeit blieb allerdings nicht, bis das Treffen begann, und so verabredeten wir uns für den nächsten Morgen, das Gespräch in Popayan fortzuführen.

Die Delegationen der Guardia hatten Aufstellung genommen. Insgesamt waren rund 750 Frauen, Kinder, Alte und Männer anwesend – das verdeutlichte uns eindrücklich, dass die Guardia ein Basisprozess der gesamten Gemeinde ist und, wie einer der Redner*innen es ausdrückte „das Herz und das Rückgrat“ der Bewegung. Es sprachen nacheinander die Koordinator*innen der 12 Zonen und die Regional-Koordinator*innen sowie anwesende Mitglieder des obersten Rates des Cauca.

Anschließend durften wir das Wort an die Anwesenden richten. Wir lasen eine Erklärung (Spanisch / Deutsch) vor, in der wir der Bewegung unsere Solidarität und unseren Schmerz angesichts der Gewalt, die sie erfährt ausdrücken und in der wir den 15 Menschen gedenken, die 2024 ermordet wurden, während sie eine Funktion für ihre Gemeinden ausfüllten – viele von ihnen waren Guardias Indígenas.

Nach den Reden kam dann der Sport dran: Es wurde Fußball gespielt. Leider verpassten wir die Gelegenheit ein eigenes „deutsches“ Team zusammenzustellen, denn wir hatten eine Verabredung mit den Koordinator*innen der Jugend-Abteilung des CRIC.

Wir waren sehr begeistert von der Aufgeschlossenheit und dem Selbstvertrauen der jungen Menschen. Es ist immer wieder bewundernswert, wie gut hier sehr viele ohne Aufzeichnungen frei reden können und den Bogen spannen, um, ohne sich inhaltlich zu verheddern, zum Ziel zu kommen. Sie berichteten uns von ihrer Arbeit und wir tauschten uns auch über unsere Erfahrungen zu freier Jugendarbeit in Hamburg aus. Sie berichteten von ihren Erfolgen, scheuten sich aber auch nicht Probleme mit der älteren Generation anzusprechen. Dabei ging es auch darum, dass sie den Eindruck haben, ihre Stimme wird nicht genug gehört, sowie um Themen wie Schwangerschaftsabbruch und Geschlechteridentitäten. Beim anstehenden 54. Jahrestag der Gründung des CRIC haben sie nicht viel Zeit zugesprochen bekommen. Halb im Scherz sagten sie daher, dass sie das Mikro einfach ergreifen werden, um ihre Sichtweisen mit der Bewegung zu teilen.

Später kamen wir wieder auf den traurigen Punkt der Zwangsrekrutierungen von Jugendlichen durch die bewaffneten Gruppen in manchen Teilen des Cauca – eine Realität, die dazu führt, dass jedes Jahr hunderte jungen Menschen in Särge in ihre Gemeinden und zu ihren Familien zurück kommen. 

Begeistert von der Energie der Jugendlichen aber auch den Kopf voller weiterer Fragen und sehr nachdenklich über das Gehörte machten wir uns wieder auf den Weg zurück nach „Hause“, auf die Finca. So hatten wir wieder jede Menge Gesprächsstoff die Rückfahrt und die tägliche Nachbesprechung am Abend.

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1.Tag

Die Reise der beiden Kaffeekollektive @aroma_zapatista und @la_gota_negra hat begonnen!
Heute sind wir in Popayán, der Hauptstadt der Region Cauca im Südwesten Kolumbiens,
angekommen.
Rocío und Sandra, die bei der Kooperative CENCOIC arbeiten, haben uns sehr herzlich in Empfang
genommen und uns ihre Stadt gezeigt.
Durch die engen Straßen der kolonial erbauten Innenstadt mit ihren weißen Häusern, sind wir zu einer Brücke gelaufen, über die damals die versklavten Menschen geführt wurden, und auf den Berg Morro de
Tulcán, der vor der europäischen Invasion ein wichtiger Ort für indigene Zeremonien war. Auf
diesen stellten die spanischen Kolonialherren dann eine Statue von Sebastian de Belalcázar, welche
bei Protesten im Jahr 2020 von den indigenen Misak gestürzt wurde.
Wir haben gemeinsam die ersten typischen Snacks genascht und leckere Fruchtsäfte genossen und
uns dabei ausgetauscht. Rocío hat dabei erzählt, dass sie bei der CENCOIC in der Koordination der einzelnen
Kaffeeproduzierenden-Gruppen tätig ist. Sandra ist für administrative Aufgaben zuständig.
In den nächsten Tagen werden wir die Kaffeeabteilung der CENCOIC und deren Kaffeeanbauende
besuchen und viel Zeit mit ihnen verbringen.
Wir erwarten in den nächsten Tagen außerdem spannende Gespräche mit dem Indigenen
Regionalrat des Cauca (CRIC), der Selbstorganisierung der Frauen und den Jugendlichen in der
Bewegung.
Außerdem treffen wir die Guardia Indigena, um mehr über ihre Arbeit zu erfahren und uns über die
aktuelle Situation der selbstverwalteten Gebiete auszutauschen. #cencoic #cric_cauca #kaffeekooperative #colonialismisacrime #popayán
Es war ein toller Start mit den beiden! Vielen Dank an die CENCOIC!

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2. Tag

Heute Vormittag waren wir in der Abteilung der Economia Própia – eine der vier Abteilungen der Kooperative CENCOIC. Dort haben wir den Koordinator Manuel Bustos getroffen. Er hat uns viel berichtet über die aktuelle Situation der “eigenen Wirtschaft”. Mit dieser Abteilung verknüpft die Kooperative und die Bewegung politische wie wirtschaftliche Ziele. Dadurch soll die ökonomische Situation und die Autonomie der indigenen Gemeinden und der kleinbäuerlichen Familien gestärkt werden. Die Abteilung kauft unter anderem Produkte der indigenen Kleinbäuer*innen ab, um sie zu guten Bedingungen gemeinsam zu vermarkten – entweder in anderen Selbstverwaltungsgebieten oder auch außerhalb der indigenen Gemeinden. Ebenso haben sie eigene Marken von Grundnahrungsmitteln, die sie in guter Qualität produzieren und zu stabilen, erschwinglichen Preisen in den indigenen Selbstverwaltungsgebieten vertreiben. Dadurch bleiben mehr ökonomische Ressourcen in den Selbstverwaltungsgebieten und die Kleinbäuer*innen haben einerseits einen Markt für ihre Produkte und andererseits eine Lebensmittelsicherheit. Als Kooperative aus den Gemeinden haben sie das Ziel, die Bedürfnisse der indigenen Bewegung zu erfüllen. Insgesamt waren wir sehr begeistert über die Energie und den Mut, mit dem die CENCOIC hier versucht, ökonomische Sicherheit für die Kleinbäuer*innen zu gewinnen.

(Einen super Hintergrundartikel zu den Problemen der indigenen Kleinbäuer*innen und dem Anstrengungen der Gemeinden, diese zu ändern, findet ihr hier)

Auch Juan Carlos Guampe, der Geschäftsführer der CENCOIC, sowie Hernán Castellanos, der Koordinator der Kaffeeabteilung, waren beim Gespräch dabei. Juan Carlos sagte: “Wir freuen uns sehr, dass ihr hier seid, denn der Austausch ist wichtig, und die Kommunikation muss offen sein, damit Prozesse laufen können”.

Mittags hatten wir die Gelegenheit für ein kurzes Treffen mit Hermes Pete, der 2020-22 der oberste Vertreter der Bewegung war und aktuell Abgeordneter in der 2. Parlamentskammer Kolumbiens ist. Er berichtete uns von seiner Initiative, Kaffeekooperativen der verschiedenen ländlichen Bevölkerungsgruppen (Indigene, Afrokolumbianer*innen, Campesinos), zwischen denen es oft Konflikte gab, zusammen zu bringen. Außerdem erzählte er, dass heute Morgen im Selbstverwaltungsgebiet von Toribio ein Guardia Indígena ermordet wurde.

Anschließend sind wir gemeinsam mit dem ganzen Team der „Economia Propia“ zum Essen gegangen. Es war toll, mit ihnen allen gemeinsam an einem Tisch zu sitzen.

Nach dem Mittagessen berichtete uns die Personalabteilung der CENCOIC von ihrer Arbeit, die unter anderem darin besteht, Weiterbildungen anzubieten, sich um Arbeitssicherheit, Konfliktbearbeitung und mentale Gesundheit zu kümmern, sowie eine gute Arbeitsatmosphäre innerhalb der Kooperative zu schaffen. Dabei dachten wir oft, dass das auch wichtige Themen für unsere eigenen Kollektive sind.

Wir haben noch viel mehr gelernt und erfahren aber das sprengt hier den Rahmen. Während der langen Besprechung wurden wir immer wieder mit Kaffee, Fruchtsaft und Snacks versorgt. Zeitweise wurde der Vortrag immer wieder von grollendem Donner unterbrochen. Ein wichtiger Grundsatz der CENCOIC ist es, zu lernen und zu verlernen, sagt Manuel, und ihre Mission ist es gut zu leben und sich gegenseitig zu stärken.

Wir freuen uns sehr, auf dieser Reise Teil davon sein zu können und gemeinsam zu lernen!

Abends sind wir auf die Finca „Por Fin“ gefahren, die der CENCOIC gehört. Mehr dazu erfahrt ihr morgen, denn hier werden wir die nächsten Tage verbringen.

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3. Tag

Was für ein Unterschied, nicht vom Trubel und Autolärm geweckt zu werden, sondern vom Vogelgezwitscher! Die Finca „Por Fin“ ist ein echtes Idyll und erstreckt sich mitten in den Bergen des Nordcauca auf drei Hektar in 1800m Höhe. Sie ist Eigentum der CENCOIC und wird vor allem für Probepflanzungen neuer Sorten Kaffee, sowie für Fortbildungen von Produzierendengruppen der Kooperative CENCOIC genutzt.

Heute stand am Vormittag das Treffen mit Schüler*innen und Lehrern der indigenen, landwirtschaftlichen Schule in Tacueyó und am Nachmittag ein Rundgang über die Finca mit der Kaffeeabteilung der CENCOIC auf dem Programm.

Wir begrüßten am Morgen den Schüler Freymy Yadir Salazar, die ehemalige Schülerin Claudia Patricia Salazar, die weiter am Kaffeeprojekt der Schule beteiligt ist, die Lehrer Juan Carlos Largo und Luiz Hernando Rodriguez und den Rektor Ruben Dario Correa.
Mittlerweile geht das Schulprojekt Rissen/Tacueyó schon ins vierte Jahr. Dabei produzieren die Schüler*innen im indigenen Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó den Kaffee auf ihren eigenen Kaffeefeldern und verarbeiten ihn weiter, die CENCOIC kauft ihn auf und organisiert den Export, Aroma Zapatista macht den Import, die Schüler*innen-Firma in Hamburg-Rissen, organisiert die Röstung des Kaffees, verpackt und vermarktet ihn. Der Erlös fließt dann wieder zurück nach Kolumbien. Mit diesem wurde mittlerweile ein Trockentunnel für die Verbesserung der Trocknung des Kaffees, ein Gewächshaus zur Erhöhung der Nahrungsmittelsouveränität und ein Röster zur Weiterverarbeitung des Kaffees vor Ort gebaut. Außerdem erhalten die Schüler*innen aus Tacueyó für ihren Kaffee einen hohen Preis, mit dem sie zum Beispiel später ihr Studium finanzieren können.

Durch die Kooperation und weil die Schüler*innen durch den Verkauf des Kaffees über die CENCOIC einen guten Preis erhalten und sich so eigene Wünsche oder auch ein Studium finanzieren können, ist das Kaffeeprojekt bei ihnen sehr beliebt.

Die Lehrer*innen der Schule in Tacueyó setzen sich mit sehr viel Motivation dafür ein, dass es es für die die Jugendlichen des Selbstverwaltungsgebietes eine Alternative gibt. In der Gegend um Tacueyó haben die Drogenwirtschaft und bewaffnete Gruppen viel Einfluss und sie werben auch gezielt Jugendliche für ihre Aktivitäten an. Der Anbau von Koka und und Marihuana ist stark verbreitet und wirtschaftlich sehr attraktiv. Und für Jugendliche gibt es kaum andere Möglichkeiten. Nicht selten verschwinden Jugendliche aus der Schule und sterben bei gewalttätigen Auseinandersetzungen. Mit dem Kaffeeprojekt wird den Jugendlichen ein anderer Weg aufgezeigt.

Motiviert vom Erfolg ihrer Anstrengungen im Kaffeeprojekt, haben die Selbstverwaltung und die Schule in Tacueyó weitere Projekte in Angriff genommen: So gibt es sportliche und touristische Attraktionen wie das jährliche Mountainbike-Rennen und aktuell wird ein botanischer Wanderweg angelegt.

[Mehr zum Schulprojekt Rissen/Tacueyó findet ihr in diesem Artikel]

Am Nachmittag gab uns die Kaffeeabteilung der CENCOIC eine Führung über die Finca. Jhon, einer der Agrartechniker der Kooperative, zeigte uns die einzelnen Testfelder. Er erklärte uns die botanischen Besonderheiten der unterschiedlichen Varietäten, sowie die sensorischen Unterschiede der verschiedenen Sorten.

Außerdem durften wir ein paar Kilo reife Kaffeekirschen ernten und die Selektion vornehmen. Danach erfuhren wir mehr über das Entfernen des Fruchtfleischs und haben die Kaffeebohnen für 40 Stunden der aeroben Fermentation (unter Sauerstoffabschluss in einem Fass) übergeben. In den nächsten Tagen werden wir diesen Prozess bis zum Rösten und Verköstigen fortsetzen und sind schon sehr gespannt auf das Ergebnis!

Morgen geht’s dann in die Bodega (Lagerhalle) der CENCOIC nach Piendamo!

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4.Tag 

Nach einer kurzen Fahrt zu siebt im Auto wurden wir in der Zentrale der Kaffee Abteilung der CENCOIC mit einem leckeren Kaffee wie immer sehr herzlich in Empfang genommen. Vor 2 Jahren ist die Abteilung mit Büro und Lager aus Kosten- und logistischen Gründen von Popayan in das für viele Produzent*innen-Gruppen zentraler gelegene Piendamo umgezogen.

Hernan, der Leiter der Kaffeeabteilung, präsentierte uns den Jahresbericht der Abteilung von 2024. Die gute Nachricht zuerst: die Kooperative konnte in 2024 mit 776 Tonnen deutlich mehr Pergamin-Kaffee aufkaufen als im letzten Jahr. Die schlechte: mangelnde Liquidität ist das größte Problem der Kooperative und hinderte sie daran, noch deutlich mehr Kaffee aufkaufen zu können.

Da wir die einzigen Kund*innen sind, die den Kaffee vorfinanzieren, müssen sie Kredite in Anspruch nehmen, um den Kaffee ihrer Kooperativenmitglieder aufzukaufen. Banken verlangen allerdings schwer zu erbringende Sicherheiten und die Zinsen sind sehr hoch.

Thema waren natürlich auch die im Moment sehr hohen Rohkaffeepreise. Für die Produzierenden ein Segen, für ihre harte Arbeit angemessen entlohnt zu werden, verschärft sich dadurch aber natürlich das Liquiditätsproblem für die Kooperative: Um die gleiche Menge Kaffee aufzukaufen, brauchen sie mehr Geld. Und die Angst vor einem Einbruch der Preise lässt die Kooperative beim Aufkauf sehr vorsichtig agieren, weil sie dann den teuer aufgekauften Kaffee nur mit Verlust weiter verkaufen kann. Die Kooperativenmitglieder sind deshalb gezwungen ihren Kaffee zu einem schlechteren Preis an Zwischenhändler abzugeben, die mit schnellem Geld locken.

Die Kreativität, Professionalität und Motivation der Kaffee Abteilung hat uns bei unserem Gespräch einmal mehr begeistert. Sie lassen sich von Problemen nicht aufhalten und versuchen immer Lösungen und Verbesserungen in schwierigen Situationen zu finden. Zum Beispiel machen sie Fortbildungen direkt vor Ort in den Gemeinden, Schulen das Personal an den Aufkaufstellen für den Pergamin-Kaffee (Acopios) und fördern Jugendliche bei ihren ersten Schritten im Kaffeeanbau.

Außerdem sind sie ständig mit staatlichen Stellen im Gespräch, um günstigere Kredite für mehr Liquidität zu bekommen oder Bauvorhaben mit externen Mitteln umzusetzen. Zusätzlich ist die CENCOIC international sehr gut vernetzt. Dadurch schaffen sie es, NGOs zu überzeugen, zum Beispiel Stellen für zusätzliche Agrartechniker*innen zu finanzieren. Ziel der Kooperative sind nicht Gewinne, sondern ein gutes Leben für die Bewohner*innen in den Gemeinden zu erreichen.

Nach einem leckeren Mittagessen und einem kurzen Besuch bei einer benachbarten Firma, die Rohkaffeesäcke bedruckt, haben wir eine Führung durch das Rohkaffeelager bekommen. Mit dazu gestoßen sind unsere Freund*innen der kollektiven Rösterei „La Libertaria“ aus Lecco (Italien), die durch Zufall gerade auch im Cauca unterwegs sind.

Gemeinsam mit ihnen und unter fachkundiger Anleitung von Lucia Becoche und Henry Bermudez von der Qualitätsabteilung der CENCOIC durften wir drei leckere Kaffees verköstigen. Beide sind Kinder von Produzent*innen der CENCOIC – die Kooperative bemüht sich, Gemeindemitgliedern berufliche Chancen zu eröffnen und so immer mehr Fachwissen zu den Produzent*innen zu bringen. Henry und Lucia erklärten uns außerdem, die weitere Aufarbeitung des Kaffees, die physische Qualitätsprüfung und Sortierung des Kaffees.

Wir haben heute wieder extrem viel gelernt und sind gespannt auf die nächsten Tage!